Bischöfliches Offizialat
(Kirchliches Diözesangericht)
Der Diözesanbischof ist in seinem Bistum nicht nur oberster Leiter und Gesetzgeber, sondern auch der oberste Richter. Insofern kennt die Kirche keine Gewaltenteilung. Die verschiedenen Gewalten werden jedoch unterschieden, so dass der Diözesanbischof sich faktisch in inhaltlicher Hinsicht nicht mit den ordentlichen Gerichtsverfahren beschäftigt. Er ernennt für diese Angelegenheiten einen Offizial, der auch Gerichtsvikar genannt wird. Dieser ist der Vorsitzende des Gerichtswesens.
Wie im zivilen Bereich gibt es auch im kirchlichen Gerichtswesen eine Prozessordnung. Diese dient dazu, allen Beteiligten rechtliches Gehör zu schenken und auf nachprüfbaren Wegen zur Findung der Wahrheit und damit zu einem gerechten Urteil zu kommen.
Jedermann, der sich im Zusammenhang mit dem kirchlichen Leben in seinen Rechten verletzt, benachteiligt oder ungerecht behandelt fühlt, ist befugt, eine gerichtliche Klärung seines Anliegens zu verlangen. Dieses Recht haben also nicht nur Katholiken. Es kommen dabei verschiedene Sachverhalte in Frage, wie etwa Ehrverletzung, finanzielle Streitigkeiten (auch zwischen kirchlichen juristischen Personen), Vermögensstreitigkeiten oder Strafverfahren und auch sogenannte Personenstandsverfahren (z. B. Ehenichtigkeitsverfahren). Die Ehenichtigkeitsverfahren machen faktisch den grössten Teil der Arbeit der Offizialate aus.
Ein Ehenichtigkeitsverfahren dient dazu, so objektiv wie möglich die Gültigkeit einer Ehe zu prüfen. Es wird festgestellt, ob eine Ehe, die geschlossen wurde, auch tatsächlich gültig zustande gekommen ist. Anders als im staatlichen Bereich kennt die katholische Kirche also nicht die Ehescheidung – eine vollzogene Ehe zwischen zwei Getauften gilt als absolut unauflösbar –, sondern die Kirche kann Ehen in einzelnen Fällen für nichtig erklären. Die Ehe wird also nicht aufgelöst oder annulliert. Vielmehr wird in dem entsprechenden Verfahren, je nach Sachlage, durch eine richterliche Entscheidung festgestellt, dass eine bestimmte Ehe von Anfang an ungültig war, weil wesentliche Voraussetzungen dafür fehlten.
Ein Teil der Ehen werden auch in unserem Bistum zivilrechtlich geschieden. Wenn Sie davon betroffen sind und sich fragen, ob Ihre Ehe im kirchlichen Sinn überhaupt jemals gültig zustande gekommen ist, dann finden sie hier weitere Informationen.