Über die missionarische Wirksamkeit des hl. Luzius in der halb-heidnischen Umgebung von Chur (Luziensteig) besitzt man mit Ausnahme der zwischen 780 und 818 entstandenen Lucius-Vita keine näheren Angaben. Leben und Wirken des hl. Luzius im Gebiet von Churrätien dürfen dennoch als gesichert gelten; dafür spricht das Vorhandensein seines Grabes in der heute noch erhaltenen Ringkrypta in der Seminarkirche St. Luzi in Chur, wohin die Reliquien um 800 aufgrund wachsender Verehrung aus der unweit gelegenen Stephanskirche (dortiges Grab des Heiligen erst 1848/49 entdeckt) übertragen worden waren. 923 hören wir vom Reliquienraub. Seine sterblichen Überreste fand man 1108 wieder und übertrug sie in einen heute im Churer Domschatzmuseum befindlichen Luziusschrein. Ab dem 12. Jahrhundert nimmt Luzius die feste Stelle des Churer Bistumspatrons ein, dessen man bis zur Liturgiereform am 3. Dezember (sein Todestag [?]) gedachte; heute begeht man sein Fest am 2. Dezember.
Was wissen wir über diesen Mann der frühen Kirche? – Luzius lebte im 6. Jahrhundert und stammte aus dem Land der „Britanni“; dieser Name ist nicht etwa gleichzusetzen mit demjenigen des damaligen Königreichs Britannien, sondern ist ein Synonym für die Leute aus dem Grenzraum des bündnerischen Prättigau und des vorarlbergischen Montafon. Als Glaubensbote wirkte Luzius sicher in der Umgebung von Chur; über seinen Tod haben wir keine gesicherten Nachrichten. Jedenfalls wurde er immer als „Confessor“ (Bekenner) verehrt; später hinzugekommene Attribute wie „Märtyrer“, „(erster) Bischof von Chur“ oder „König“, die sich z.T. leider bis in die Gegenwart behauptet haben, beruhen auf Falschinterpretationen bzw. auf legendäre Quellen.
Dr. Albert Fischer, Chur