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Osternacht mit Feuer, Taufe und Firmung
Liebe Mitbrüder, liebe Tauf- und Firmfamilien
Liebe Schwestern und Brüder
In der ersten Lesung der heutigen Liturgie haben wir den Bibelbericht über die Schöpfung gehört, der mit folgenden Worten endete: «Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut. Es wurde Abend und es wurde Morgen: der sechste Tag. So wurden Himmel und Erde und ihr ganzes Heer vollendet. Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er gemacht hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk gemacht hatte.»
Was Gott gemacht hat, war sehr gut. Er vollendete sein Werk, das ganze Werk, das er gemacht hatte. Und ich frage heute Nacht: War das wirklich die Vollendung? War das, was er gemacht hatte, restlos gut? War das ganze göttliche Werk vollzogen? Ich würde meinen: Es war sehr gut, aber noch nicht endgültig gut. Die Geschichte der Menschheit belegt und beweist, dass es anschliessend Hochs und Tiefs gab, dass viele Abgründe und auch viele Heldentaten des menschlichen Herzens stattfanden. Es geschah aber bald nach der Schöpfung so viel Schreckliches, dass Gott daran dachte, alles wieder zu vernichten. Es kam die Sintflut. Gott blieb aber hartnäckig. Er liess den Regenbogen als Zeichen eines endgültigen Bundes erscheinen, der im Grunde immer aktualisiert, erneuert, bekräftigt werden soll. Diese Entwicklung liess erahnen, dass einmal die wirkliche Vollendung, das wirklich Gute, das vollständige Werk Gottes Wirklichkeit werden würde. Es geht um die Geburt des neuen Menschen, des liebenden Menschen, der restlos Liebe ist.
Heute Abend werden hier bei uns einige die Taufe empfangen. Wie der Apostel Paulus schrieb, ist die Taufe sinnbildlich ein In-die-Erde, Ins-Taufwasser mit Christus begraben werden, um als neue Menschen mit ihm ins neue Leben aufzuerstehen: «Wir wurden ja mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod, damit auch wir, so wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, in der Wirklichkeit des neuen Lebens wandeln». Auch die anderen Sakramente der Kirche bedeuten und bewirken – wie die Taufe – immer wieder das Geborenwerden ins neue Leben. Der Prozess der Vollendung, der Entstehung, von dem, was wirklich sehr gut ist, das vollzogene gute Werk Gottes ist etwas Dynamisches, bleibt im Gange und stets aktuell. Dies kann so sein, weil in Christus die wirkliche Vollendung stattgefunden hat. Das letzte Wort Jesu am Kreuz lautete: «Es ist vollbracht!» Ja, in diesem Augenblick war die Schöpfung wirklich vollendet. Und diese Vollendung findet ihre ewige Fortsetzung in der Auferstehung.
Als die Engel den Frauen sagten: «Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden», fragten sie im Grunde uns alle: Warum sucht ihr, was noch nicht gut ist, warum sucht ihr, was noch nicht vollendet ist, warum denkt ihr an das unvollendete Werk? Das vollendete Leben, das unendliche Glück, das vollkommene Werk Gottes, das restlos Gute ist schon da: der Auferstandene.
Es gibt eine Stelle in der Bibel, beim Propheten Ezechiel, wo es heisst: «Wohin der Fluss kommt, dort bleibt alles am Leben.» Ich habe dieses Bibelwort sehr liebgewonnen. Am Kreuz wurde die Seite Christi geöffnet und daraus flossen Wasser und Blut. Dieses Wasser, dieser Strom der Liebe aus dem Herzen Jesu macht alles lebendig, schenkt das Leben in Fülle, nimmt alles Unvollkommene weg und verspricht uns die ewige Vollkommenheit und das ewige Glück. Durch Kreuz und Auferstehung – kann man sagen – dass das Werk Gottes vollendet ist, schlechthin gut, vollzogen ohne Ende. Wir nehmen daran teil, wenn wir in seine Liebe eintauchen, in seine Liebe, die nie aufhört, für die Menschen zu fliessen. Ich wiederhole nochmals: «Wohin der Fluss kommt, dort bleibt alles am Leben». Unser Herr Jesus Christus ist die Quelle des Lebens, weil er selber als unbesiegbares Leben auferstanden ist. Durch unseren Glauben an Jesus Christus, als wahrer Gott und wahrer Mensch, werden auch wir einmal die Vollendung erreichen und zur Rettung der Welt beitragen.
Gerade in diesen Tagen wurde das Ergebnis einer Umfrage, die in Deutschland stattfand, veröffentlicht. Viele – so heisst es dort – glauben an eine diffuse Nächstenliebe, verbinden Christentum mit Wohltätigkeit und Einsatz für Benachteiligte. Aber nur 18% der Befragten glauben an die Auferstehung der Toten und nur ¼ der Befragten glauben, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist. Im Herrn Geliebte, daran entscheidet sich alles: Wir sind dazu berufen, Menschen der Auferstehung zu sein; wir sind dazu berufen, stets zu erneuern, was in der Taufe geschehen ist. Wenn wir an die Auferstehung des Sohnes Gottes wirklich glauben, wird es auch von unserem Leben einmal heissen können: es ist sehr gut, es ist vollendet, das Werk Gottes ist vollbracht. Nur mit Christus und in Christus und durch Christus werden wir das ewige Ziel erreichen können. Amen
Chur, 19. April 2025
Joseph Maria Bonnemain
Bischof von Chur