Medienmitteilung der Schweizer Bischofskonferenz
Fribourg, 10. September 2023
Heute Morgen wurden Vorwürfe gegen verschiedene Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz öffentlich gemacht. Wir möchten Sie dazu in Kenntnis setzen, so weit uns dies das laufende Verfahren erlaubt.
In einem Brief von Ende Mai 2023 an den Apostolischen Nuntius der Schweiz, Martin Krebs, werden gegen mehrere emeritierte und amtierende Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz sowie gegen weitere Kleriker Vorwürfe im Umgang mit sexuellen Missbrauchsfällen erhoben. Gegen einzelne von ihnen steht der Vorwurf im Raum, in der Vergangenheit selber sexuelle Übergriffe begangen zu haben.
Auch der Präsident der Bischofskonferenz, Bischof Felix Gmür, erhielt Kenntnis von diesem Schreiben. Er versicherte sich umgehend beim Nuntius, dass der Brief bereits an die für solche Vorwürfe zuständige Behörde in Rom – das Dikasterium für die Bischöfe – weitergeleitet worden ist. Der Nuntius betätigte dies.
Am 23. Juni 2023 hat das Dikasterium zu dieser Angelegenheit eine kirchenrechtliche Voruntersuchung angeordnet und Bischof Joseph Bonnemain als Untersuchungsleiter eingesetzt. Dieser war von 1989 bis 2021 als Offizial des Bistums Chur mit der Leitung derartiger Untersuchungen und Strafverfahren betraut. Die Voruntersuchung von Bischof Joseph Bonnemain ist im Gang, sie wird voraussichtlich bis Ende Jahr abgeschlossen sein.
Hauptgegenstand dieser kirchlichen Voruntersuchung sind die Vorwürfe des Vertuschens von Missbrauchsfällen. Für die Ermittlungen zu mutmasslichen Sexualdelikten sind in erster Linie die Polizei und die Staatsanwaltschaft zuständig. Die Richtlinien der Schweizer Bischofskonferenz verpflichten kirchliche Führungspersonen, bei Verdacht auf ein Sexualdelikt gegen Minderjährige – in Rücksprache mit der betroffenen Person – bei der Staatsanwaltschaft Anzeige zu erstatten. Die zuständigen Staatsanwaltschaften wurden über die im Brief erwähnten Fälle in Kenntnis gesetzt.
Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, können wir keine weiteren Angaben machen.
2019 trat ein zusätzliches kirchliches Gesetz zu Sexualstraftaten gegenüber Minderjährigen unter 18 Jahren und schutzbedürftigen Personen durch Kleriker oder Ordensleute in Kraft. Es verpflichtet, jeden Verdacht auf Vertuschung umgehend dem zuständigen Bischof zu melden. Dieser wiederum ist verpflichtet, die zuständige vatikanischen Behörde sofort zu informieren. Zudem ist in diesem Gesetz verankert, dass das Behindern und Beeinflussen von Ermittlungen oder Strafverfolgungen (kirchenrechtliche wie auch staatliche) ein Delikt ist, das gemeldet werden muss und das – je nach Ergebnis des kirchlichen Strafverfahrens – auch sanktioniert wird.
Bei einer solchen Meldung betraut das Dikasterium in der Regel einen Bischof vor Ort mit einer kirchlichen Voruntersuchung. Ziel dieser kirchlichen Voruntersuchung ist abzuklären, ob ausreichend Hinweise für die Einleitung von kirchlichen Straf- oder Disziplinarverfahren vorliegen. Nach Abschluss der Voruntersuchung werden der Untersuchungsbericht und die Akten an das Dikasterium für die Bischöfe in Rom übermittelt. Das Dikasterium entscheidet über das weitere Vorgehen.