„Die Kirchensteuer konkretisiert die kirchliche Beitragspflicht“ (Synode 72. Bistum Chur, Bd. IX, S. 29, 3.3.1). Es ist deshalb in der Diözese Chur Praxis, dass die Gläubigen ihrer Verpflichtung zur finanziellen Solidarität mit der Kirche durch die Entrichtung der Kirchensteuer nachkommen.
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung (Bundesgerichtsentscheid vom 16. November 2007 und vom 9. Juli 2012) ist es aus staatlicher Sicht zulässig, aus den staatskirchenrechtlichen Institutionen (Kirchgemeinde, kantonale Körperschaft) auszutreten und gleichzeitig zu erklären, dennoch katholisch bleiben zu wollen. Durch einen solchen Austritt, der aufgrund der erwähnten geltenden Praxis den Charakter einer Ausnahme hat, erlischt zwar die Pflicht zur Leistung der Kirchensteuer. Der Austritt entbindet jedoch nicht davon, die kirchliche Beitragspflicht in einer anderen Form zu konkretisieren.
Gemäss den Empfehlungen der Schweizer Bischofskonferenz vom Juni 2009 eröffnen die betroffenen Diözesen (Basel, St. Gallen, Lausanne-Genf-Fribourg und Chur) Gläubigen, die aus den staatskirchenrechtlichen Organisationen austreten, aber erklären, dennoch katholische Gläubige bleiben zu wollen, die Möglichkeit, durch jährliche Beiträge ihre materielle Solidarität mit der Kirche weiterhin zu leben. Hierzu ist im Bistum Chur der „Solidaritätsfonds der Diözese Chur“ errichtet worden. Er ist eine privatrechtliche kirchliche Stiftung im Sinne der Art. 80 ff., Art. 87 und Art. 52 Abs. 2 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) sowie der einschlägigen Bestimmungen des Codex Iuris Canonici von 1983 (CIC) mit Sitz in Chur/Schweiz.
Der Zweck der Stiftung entspricht den Bestimmungen von c. 1274 § 1 und § 3 CIC. Die Stiftung hat somit in der Diözese Chur als Einrichtung zu dienen,
– „die Vermögen oder Gaben zu dem Zweck sammelt, dass der Unterhalt der Kleriker, die für die Diözese Dienst tun, gemäss c. 281 CIC gewährleistet ist, falls nicht anders für sie vorgesorgt ist“ (c. 1274 § 1 CIC),
– durch die der Diözesanbischof in die Lage versetzt wird, „den Verpflichtungen gegenüber den anderen Kirchenbediensteten Genüge zu leisten und den verschiedenen Erfordernissen der Diözese nachzukommen“ (c. 1274 § 3 CIC).
Die Stiftung nimmt in erster Linie Spenden von Gläubigen des Bistums entgegen, welche aus der Kirchgemeinde bzw. der kantonalen staatskirchenrechtlichen Körperschaft ausgetreten sind, aber katholische Gläubige bleiben wollen, und dadurch ihre Solidaritätspflicht gegenüber der Kirche gemäss c. 222 § 1 CIC erfüllen. Die Stiftung nimmt darüber hinaus Zuwendungen von Personen innerhalb und ausserhalb der Diözese entgegen, welche damit den Zweck der Stiftung unterstützen wollen.
Der Stiftungsrat als Vertretungs- und Geschäftsführungsorgan des Solidaritätsfonds der Diözese Chur besteht aus maximal sieben Mitgliedern. Ihm gehören von Amtes wegen der jeweilige in Chur residierende Generalvikar (als Vertreter des Bischofs), die regionalen Generalvikare des Bistums und ein Mitglied des Diözesanen Administrationsrates an. Zwei weitere Stiftungsräte werden vom Diözesanbischof frei ernannt und sind in wirtschaftlichen bzw. rechtlichen Fragen erfahren.
Chur, 28. November 2010
Ergänzt 12. August 2012